Gesundheit

Epilepsie – Anfallsleiden beim Hund

Der erste epileptische Anfall, den Halter bei ihrem Hund miterleben, trifft die meisten wie der sprichwörtliche Blitz aus heiterem Himmel. Eben war der Vierbeiner noch ganz normal, nun liegt er steif auf dem Boden, mit lang gestrecktem Kopf und Beinen, und zittert. Er speichelt, setzt Harn und Kot ab und – was für viele Besitzer das Schlimmste ist – er reagiert nicht mehr.

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Nur zu verständlich, wenn Hundehalter bei so einem Ereignis in Panik geraten. Sie haben im Hinterkopf vielleicht noch gut gemeinte, aber leider falsche Ratschläge gespeichert wie „Stock ins Maul legen“ oder „Zunge herausziehen“, und wissen nicht, wie sie ihrem Hund helfen könnten.

So schwer es fällt: Ruhe bewahren!

Der einfachste, aber auch wichtigste Rat für diesen Fall lautet daher: Ruhe bewahren! Der Anfall und sein Verlauf lassen sich ohne Medikamente ohnehin nicht beeinflussen. Es reicht, Gefahren in der unmittelbaren Umgebung zu beseitigen, etwa scharfkantige Gegenstände aus dem Weg zu räumen, und darauf zu achten, dass der Hund keine Treppen hinunterfallen kann. Ansonsten heißt es: Abwarten und sich vom Kopf des Hundes fernhalten, denn der Hund hat keine Kontrolle über seine Reaktionen und die Verletzungsgefahr für den Besitzer ist nicht unerheblich.

Die verstrichene Zeit sollten Zeugen eines Anfalls allerdings im Blick behalten. Die meisten Anfälle sind innerhalb von 3 bis 5 Minuten vorüber, danach ist der Hund zwar etwas benommen und erschöpft, aber ansonsten unversehrt. Nur wenn die Episode länger als 10 bis 15 Minuten dauert, oder wenn mehr als 2 bis 3 Anfälle in einem Zeitraum von 24 Stunden auftreten,  sollen Besitzer sofort handeln. In diesen Fällen droht der so genannte Status epilepticus, ein Dauer-Anfall mit lebensbedrohlichen Folgen, und der Hund muss umgehend in der Notfallaufnahme der nächsten Tierklinik versorgt werden. Ansonsten reicht es, den Hund innerhalb der nächsten Tage beim Tierarzt vorzustellen, denn der Ursache für den Anfall sollte auf jeden Fall nachgegangen werden.

Was löst die Anfälle aus?

Auslöser für einen Anfall ist eine Störung der Nervenaktivität im Gehirn.  Diese kann auf einer Erkrankung des Gehirns beruhen, etwa auf Tumoren, Infektionen, Entzündungen oder Verletzungen. Möglich sind aber auch Erkrankungen außerhalb des Gehirns, wie z.B. Leber- oder Nieren-Erkrankungen, Diabetes und andere Stoffwechselerkrankungen oder Vergiftungen. Liegt eine dieser Grunderkrankungen vor, ist es wichtig, diese gezielt zu behandeln. Der Tierarzt wird daher den Hund zunächst gründlich untersuchen und einige Blutwerte bestimmen lassen. Manchmal ist auch eine genauere Untersuchung des Gehirns mit Computertomografie oder die Entnahme einer Liquorprobe nötig. Wenn all diese Untersuchungen keinen Hinweis auf eine zugrundeliegende Erkrankung ergeben, lautet die Diagnose „Idiopathische Epilepsie“, also Anfallsleiden ohne erkennbare Ursache.

Das klingt zwar zunächst wenig befriedigend, ist aber durchaus eine nützliche Diagnose. Denn nur indem der Tierarzt andere Ursachen ausschließt, kann er anschließend die passende Langzeittherapie empfehlen. Diese besteht in der Regel aus der regelmäßigen täglichen Gabe von Phenobarbital, einem Wirkstoff, der auch in Schlaftabletten zum Einsatz kommt. Der Hund wird dadurch zunächst etwas ruhiger. Mitunter wirkt er auch müder oder hat einen schleppenden Gang. Doch diese anfänglichen Nebenwirkungen klingen nach einigen Wochen deutlich ab. Die eigentliche Wirkung, die Stabilisierung der gestörten Gehirnaktivität, bleibt bestehen und schützt meist sehr gut vor weiteren Anfällen.

Während der Langzeitbehandlung sollte man ein bis zweimal jährlich Blut- und Leberwerte überprüfen lassen. Ist über Jahre kein Problem mehr aufgetreten, kann man in Rücksprache mit dem Tierarzt auch versuchen, die Dosis zu reduzieren. Auf keinen Fall sollte man die Tabletten aber einfach von heute auf morgen absetzen, sondern „ausschleichen“, das heißt, die Dosis ganz allmählich über einen Zeitraum von zwei Wochen verringern. Andernfalls drohen Nebeneffekte durch den Wirkstoff-Entzug und auch die Gefahr eines Rückfalls.

Autor: Dr. Thomas Görblich

Den Artikel findest du in Ausgabe 03/2014 .