Rassen

Im Rasseportrait: der Golden Retriever

Seit Jahren rangiert er ganz oben in den Umfragen nach den beliebtesten Hunderassen. Doch hat er genau deshalb auch mit zu hoher Nachfrage und damit verbunden zunehmendem Fokus auf Quantität statt Qualität bei der Zucht zu kämpfen. Dabei ist der Golden Retriever eine hervorragende Arbeitsrasse mit einer Vielfältigkeit, die ihresgleichen sucht. 

Der Golden Retriever ist eng mit der Entwicklung der Jagd in seiner Heimat England verbunden. Die Engländer sind seit Jahrhunderten ein äußerst jagdbegeistertes Volk. Demzufolge entwickelten sich sehr viele der Jagdgebrauchshunde in England. So auch die meisten der sechs Retrieverrassen. Wie der übergreifende Name „Retriever“ (engl. to retrieve: abholen, apportieren, bringen) Jagdhunderassen schon sagt, wurde diese spezielle Gruppe für die Arbeit nach dem Schuss selektiert. Diese Eignung bzw. diese Aufgabe brachte ihnen auch den Namen „Gundogs“ ein. Englands Vegetation bietet mit den vielen Hecken, Gehölzen, Steinmauern, Teichen und Seen ideale Lebensräume für Niederwild. Um dieses aufzustöbern und anschließend das nach dem Abschuss oft in Flüsse oder Seen, Dornengestrüpp oder anderes Dickicht gefallene Stück (Wild) zu bringen, hat man in England verschiedenste Jagdspezialisten für jede Phase der Jagd gezüchtet. Der Golden Retriever ist also ein auf das Auffinden und anschließende Zurückbringen des Wildes spezialisierter Jagdgebrauchshund.

Anfang des 18. Jahrhunderts jagte man noch mit lediglich mit einem Schuss bestückten Flinten und erst Ende des 18. Jahrhunderts konnten diese zu besseren, sogenannten „Hinterladern“ weiterentwickelt werden. Durch diese Entwicklung dehnte sich auch das Jagdgebiet enorm aus, weshalb man fortan auf die Unterstützung spezialisierter Hunde angewiesen war. Natürlich fällt das geschossene Stück auch mal in unwegsames Gelände, Dornengestrüpp oder eben auch in verschiedenste Gewässer. Ein jagdlich geführter Golden Retriever muss also hart im Nehmen und ausgesprochen ausdauernd sein. Er darf nicht zimperlich oder ängstlich sein und muss viel Mut und Einsatzbereitschaft mitbringen. Für die Arbeit nach dem Schuss braucht er nicht nur eine exzellente Nase, um die gefallenen Stücke aufzuspüren, sondern auch ein hervorragendes Gedächtnis um sich die ungefähre Stelle des gefallenen Stückes auch über längere Zeit und unter großer Ablenkung einzuprägen (markieren). Außerdem darf er natürlich nicht beim ersten Reiz loslaufen und mit der Sucharbeit beginnen, da im Rahmen einer Jagd die Treiber oft ganze Schwärme aufscheuchen und die Schützen so viel Wild wie möglich in diesem kurzen Zeitfenster erlegen müssen. Ein unkontrollierbarer Hund würde somit die gesamte Jagd stören und außerdem sich selbst in Gefahr bringen. Eine der wichtigsten Eigenschaften eines jagdlich geführten Golden Retrievers ist die „Steadiness“. Das bedeutet, dass der Hund auch in höchster Reizlage keinesfalls ohne Anweisung seines Führers mit der Suche beginnen darf, seinen Trieb demnach also bestens unter Kontrolle haben muss. Sollte der Golden den Fall des Wildes nicht wahrgenommen haben, muss er auch auf weite Distanzen leicht führbar sein und den Kommandos seines Führers exakt und unverzüglich Folge leisten.

Daraus ergibt sich die bis heute so geschätzte Leichtführigkeit des Golden Retrievers, die ihn auch für Neulinge sehr leicht handlebar macht. Leider wird diese aber häufig missinterpretiert, weshalb viele Golden Retriever heutzutage ein Dasein als besonders gutmütiges, lebendiges Kinderspielzeug fristen. Sicher, Kindern, denen ein respektvoller Umgang mit Tieren vermittelt wurde, werden im Golden einen ausgesprochen treuen und liebenswürdigen Partner finden. Aber dass diese Rasse einst als leistungs- und arbeitswillige Jagdgebrauchshunde gezüchtet wurden, sollten weder Züchter noch interessierte Familien ignorieren.

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Die Anfänge des Golden Retrievers

Auch bei dieser Rasse ranken sich viele verschiedene Versionen um die Entstehung. So soll eine der wichtigsten Personen Sir Dudley Marjoribank, später auch Lord Tweedmouth, gewesen sein. Bis 1952 ein Neffe von Lord Tweedmouth, der sechste Graf von Ilchester, im Magazin „Country Life“ einen Artikel zu den genauen familiären Aufzeichnungen der Züchtung von Lord Tweedmouth verfasste, ging man sogar davon aus, dass Lord Tweedmouth seinerzeit eine Gruppe russischer Zirkushunde gekauft hat. Diese soll er als Jagdhunde für das Aufspüren von verletztem Wild auf seinen schottischen Landsitz geholt haben. Das war die Grundlage seiner Zucht; lediglich von einem Bluthund soll er zum Zwecke der Blutauffrischung Gebrauch gemacht haben. Experten jedoch zweifelten diese Version immer an, weil ein richtiger Jäger niemals Zirkushunde vom Fleck weg kaufen würde, weil sie auf der Bühne so brav gehorchten. Ob ein Hund wie ein dressiertes Äffchen brav alle Kunststücke vorzeigt, sagt nämlich noch lange nichts über seine Eigenständigkeit bei der jagdlichen Arbeit aus. Der bereits erwähnte Artikel vom sechsten Graf von Ilchester gab schließlich Aufschluss. Der wahre Ursprung des Golden Retrievers lag in der Wurfkiste des gelben Wavy Coated Retrieverrüden „Nous“, der 1864 geboren wurde und der Tweed-Waterspaniel-Hündin „Bell“.

Vielen Golden Retrievern bleibt ein sportliches Leben verwehrt, weil sie irgendwann den Stempel „zahn- und anspruchsloser Familienhund“ aufgedrückt bekommen haben.

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Tweed Waterspaniels waren sehr selten, sahen aus wie kleine Re-triever und waren etwas lockiger. Die Rasse existierte nicht lange, bis sie letztlich ausstarb. Bells Welpen Crocus, Ada, Primrose und Cowflip, sahen allerdings dem heutigen Golden Retriever schon sehr ähnlich. Die weiteren Jahre waren geprägt von diversen Einkreuzungen unter anderem von einem Irish Setter, aber auch einem sandfarbenen Bluthund, dessen Nachkommen für den weiteren Zuchteinsatz zur Verbesserung des Idealbildes der Rasse Golden Retriever aufgrund ihrer Aggression und fehlenden Proportionen gänzlich ungeeignet waren. Nachdem Lord Tweedmouth 1894 starb, wurden keine brauchbaren Aufzeichnungen mehr über die weitere Entwicklung seiner Zucht geführt. Erst mit Lord Harcourt lässt sich die Rassegeschichte wieder genauer abbilden. So war er einer der Ersten, der den Golden Retriever auf einer Ausstellung präsentierte. Die Hunde „Culham Brass“ und „Culham Copper“ aus seiner Zucht lassen sich in beinahe allen Stammbäumen der heutigen Golden Retriever als Ahnen finden. Mit Beginn des 20. Jahrhunderts trat Mrs. W. M. Charlesworth im Rahmen der Rassegeschichte als Züchterin in Erscheinung, da ihre Zucht „Noranby“ nicht nur auf Ausstellungen, sondern auch bei den jagdlichen Leistungsprüfungen, den sogenannten Field Trials, ausgezeichnete Erfolge feierte.

Den Artikel findest du in Ausgabe 03/2015 .