Training & Erziehung

Raufen, Hochspringen und andere Kavaliersdelikte

„Der Hund ist bekannterweise der beste Freund des Menschen.“ Diesen Satz würden zumindest die Leser eines Hundemagazins ohne mit der Wimper zu zucken unterschreiben. Dass es auf diesem Planeten Menschen gibt, die anders denken, entlockt uns lediglich ein unverständliches Kopfschütteln. Dass Hunde polarisieren können, kommt uns kaum in den Sinn und wer unseren Hund nicht mag, ist ohnehin unser Feind.

Durch diese tiefe emotionale Verbindung neigen viele von uns Hundehaltern dazu, Fehl- verhalten unserer Hunde zu beschönigen,  zu verharmlosen bzw. zu missinterpretieren. Beispiele aus unserem Alltag gibt es dazu wie Sand am Meer, Sprüche wie „Der will nur spielen“ haben hier ihren Ursprung und der Fehlinterpretation der hündischen Kommunikation sind keine Grenzen gesetzt.

Nö, meiner macht das nicht!

Wir Menschen kommunizieren hauptsächlich über Laut-Signale und sind uns häufig nicht bewusst, wie sehr Stimmung, Energie, Mimik und vor allem Körpersprache auf und zwischen unsere Hunde wirken. Und auch wenn wir uns dessen bewusst sind, neigen wir oft dazu, Fehlverhalten immer nur im Gegenüber, aber nie beim eigenen Hund zu erkennen. Wir kommen also gar nicht auf die Idee, dass unser „Liebling“ eventuell auch Auslöser sein könnte. Bei unseren Vorgesprächen, wenn es um das Thema Aggression geht, fällt immer wieder die Aussage: „er wurde schon einmal gebissen, daher mag er keine anderen Hunde“. Man sucht also für seinen Vierbeiner schon mal eine Entschuldigung, denn zugeben, dass Aggression vom eigenen Hund ausgehen kann, möchten die wenigsten von uns. Natürlich kann der Vorfall ein Grund für vermehrte Aggression sein, muss er aber nicht. Eher wahrscheinlich ist, dass Frauchen bzw. Herrchen nach missglückten Hundebegegnungen vermehrt ängstlich bzw. unsicher reagieren und dadurch dieses Verhalten auf den Vierbeiner übertragen. Damit ist Angstaggression häufig vorprogrammiert und ein Ausstieg aus dem sogenannten Hamsterrad wird immer schwieriger. Zudem fungieren unsere Hunde als lebende „Lügendetektoren“ und lassen sich auch nichts vormachen, mögen wir auch noch so sehr versuchen, den Souveränen zu spielen.  Eine andere beliebte Aussage ist: „Mein Hund mag andere Hunde total gern, aber die anderen haben ein Problem mit ihm.“ Auch hier schlägt die subjektive Sichtweise zu. Oftmals sind unsere Hunde astreine Provokateure, was wir einfach nicht sehen wollen oder können, es verharmlosen bzw. als „Kavaliersdelikt“ abstempeln.

Provokationen im Alltag

Vielleicht ein Beispiel zur genaueren Erklärung: Sozialkompetente Hunde nähern sich meist, vor allem aber im Erstkontakt in einem sogenannten Beschwichtigungsbogen ihren Artgenossen. Sie gehen also nicht direkt frontal aufeinander zu. Was übrigens auch einer der Gründe ist, warum Leinenkontakt zu vermeiden ist. Die Hunde stehen sich zumeist an angespannter Leine frontal gegenüber – von der Möglichkeit einen Beschwichtigungsbogen zu laufen, keine Spur. Zudem kann ein fixierender Blick vom anderen Ende der Leine schwerer wahrgenommen werden und in vielen Situationen wird Fixierung als Provokation oder Bedrohung empfunden. Als Deeskalation wird der Blick abgewendet und die Situation entschärft sich dadurch – wie gesagt, wenn zumindest einer der Hunde eine gewisse Sozialkompetenz mitbringt. Wird oder kann dieses Begrüßungsritual nicht in der Form durchgeführt werden, kann dieses als Provokation des Gegenübers angesehen werden und durchaus auch eine unangenehme Gegenreaktion auf diese Respektlosigkeit nach sich ziehen. Im Grunde genommen, könnte man also annehmen, dass zumindest Hunde untereinander sich gut lesen können und richtig interpretieren. Und das ist vielfach auch so. Zumindest die Hunde, die hündische Kommunikation gelernt haben bzw. zwischen den Hunden, die im herkömmlichen Sinne noch wie Hunde aussehen. Also wir durch Zucht nicht zu massiv in die Optik eingegriffen haben. Hunde haben scheinbar mehr Begabung, Verhalten objektiver zu bewerten, als wir Menschen. Zum Thema Respekt fällt auch immer wieder das Thema Hochspringen. Die meisten von uns finden es unglaublich süß, wenn Welpen an einem hochspringen oder klettern und versuchen u.a. unsere Mundwinkel zu lecken. Wie gesagt, bei Welpen finden die meisten von uns dieses „Kavaliersdelikt“ toll. Später mal, wenn die Hunde größer und schwerer werden, ist es nicht mehr so amüsant und kann zudem für Kinder bzw. ältere Menschen gefährlich werden.

Den ganzen Artikel findest du in Ausgabe 02/2018 .