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Tiergestützte Therapie

Wir Hundeliebhaber wissen es längst – die Gesellschaft von Vierbeinern lässt uns nicht nur die Sorgen des Alltags vergessen, sie entspannt uns nachweislich und sorgt für Ausgeglichenheit. Diesen positiven Effekt macht sich die tiergestützte Therapie zu Nutze und hilft gestressten Menschen, zurück in ein entspannteres und vor allem achtsameres Leben zu finden. Wir haben die Leiterin des WIFI Diplom-Lehrgangs zur Fachkraft für tiergestützte Arbeit und Therapiebegleitung Andrea Wiesner, zum Interview getroffen.

 

 

Welche Voraussetzungen muss ein Hund mitbringen, um sich überhaupt für die herausfordernden Aufgaben eines Therapie- bzw. Assistenzhundes zu eignen?
Im Gegensatz zum Assistenzhund, der die Aufgabe hat bei einem Menschen mit Behinderung dessen Alltag zu erleichtern und das tägliche Leben mit eben diesem Menschen verbringt, begleiten Therapiebegleithunde ihre Halter bei der Umsetzung tiergestützter Interventionen.
Die Definition des Therapiebegleithundes gemäß § 39a BBG lautet wie folgt: „Der Therapiehund ist ein mit seinem Halter und seiner Halterin für die therapeutische Arbeit ausgebildeter und geprüfter Hund, der durch gezielten Einsatz positive Auswirkungen auf das Erleben und Verhalten von Menschen mit Behinderung erzielen soll. Der Hund hilft durch seine Anwesenheit und ist Teil des therapeutischen Konzepts.“ Aber nicht nur im Bereich Behinderungen werden Therapietiere gerne eingesetzt, sondern auch in der tiergestützten Pädagogik und Geragogik, der tiergestützten Ergo- und Physiotherapie und auch im Bereich Sozialarbeit und selbst im Strafvollzug ist der Einsatz tierischer Co Therapeuten ein hilfreiches Tool. Dies setzt eine hohe Toleranz gegenüber verschiedenen Menschen aller Altersstufen voraus.

 

Um in der tiergestützten Arbeit einsatzbar zu sein bedarf es einer guten Sozialisation, einer frühen Gewöhnung an die spätere Zielgruppe und an ganz verschiedene Situationen und Settings. Der Hund muss gesund und schmerzfrei sein, über ein ausgeglichenes Wesen verfügen und absolviert gemeinsam mit dem Halter eine vorbereitende Schulung und Prüfung zum Therapiebegleithundteam.

 

Wie lange dauert die Ausbildung eines Therapiehundes und welche Ausbildungsinhalte kommen auf den Vierbeiner zu?
Das Mindestalter des Hundes zum Prüfungsantritt beträgt 2 Jahre. In diesem Alter erreichen Hunde die soziale Reife, die für diese anspruchsvolle Arbeit gegeben sein sollte.
Die Lerninhalte in der Ausbildung zum Therapiebegleithund sind vielseitig.  Sie umfassen unter anderem folgende Bereiche: Sozialverhalten gegenüber Artgenossen und Menschen, Kontrollierbarkeit, Leinenführigkeit , Distanzkontrolle, Abrufen von einer Person mit Futter/Spielzeug, Reaktion auf unerwarteten Lärm , Verhalten bei Bedrängnis,  Streicheln mit verschiedenen Intensitäten,  Futter vorsichtig von der Hand nehmen, Begegnung mit Gehhilfen u.v.m. Diese Übungen dienen dazu den Hund auf verschiedene Situationen so gut als möglich vorzubereiten.

 

Welche Voraussetzungen sollten Menschen mitbringen, die sich für die Ausbildung zur tiergestützten Therapie interessieren? Wo liegen die Schwerpunkte im späteren Berufsalltag?
Jeder der sich für eine Ausbildung im tiergestützten Bereich interessiert sollte in sich gehen, um die eigene Motivation hinter dem Wunsch zu hinterfragen. In unserem Ausbildungslehrgang zur Diplomfachkraft für tiergestützte Arbeit und Therapiebegleitung am WIFI Wien sind Reflexion und Selbsterfahrung von Bedeutung. Uns als Lehrgangsleitern ist es wichtig, den Teilnehmern die eigenen Beweggründe bewusst zu machen. Auch die Frage ob es für den eigenen Hund, das eigene Pferd, die eigene Ziege, das Meerschweinchen etc.  ein wirklich geeigneter Einsatzbereich ist, sollte man sich offen und ehrlich stellen. Menschen die mit Tieren und Menschen im tiergestützten Setting arbeiten möchten, sollten eine hohe Empathiefähigkeit, ein Gespür für Mensch und Tier mitbringen, einen achtsamen, respektvollen Umgang mit beiden pflegen und Grenzen anderer erkennen, richtig einschätzen und adäquat darauf reagieren. Die vorbereitende Ausbildung umfasst unter anderem die Kommunikation und Stresssignale sämtlicher Tierarten, diese rechtzeitig zu erkennen, das eigene Tier zu lesen und eben dann auch zu reagieren sind von größter Wichtigkeit. Die Tierhalter agieren als Dolmetscher ihrer Tiere und stellen auch dessen Schutz vor Übergriffigkeit und Grenzüberschreitung sicher.
Das Kennen des eigenen Tieres stellt eine absolute Grundlage der tiergestützten Arbeit dar. Die Schwerpunkte der späteren tiergestützten Arbeit kann sowohl in der tiergestützten Arbeit in sozialen Einrichtungen liegen als auch in Kooperationen mit Therapeuten verschiedener Berufsrichtungen wie zum Beispiel Ergo-, PhysiotherapeutInnen, LogopädInnen aber auch in der tiergestützten Pädagogik. Ein ebenfalls nicht zu unterschätzender Part ist jener der tiergestützten Freizeitaktivitäten. Diese dienen dem Wohlbefinden und haben kein therapeutisches Ziel im eigentlichen Sinne. Dennoch sind gerade auch diese tiergestützten Angebote sehr wertvoll und können Menschen eine gute entspannende Zeit ermöglichen. Quality Time mit und bei Tieren wird zunehmend gefragt.

 

Wie sieht der Alltag eines Therapiehundes aus? Wie kann man ihn sich als Laie vorstellen?
Gar nicht so anders als der eines ganz normalen Haushundes. Ein Therapiebegleithund sollte nicht öfter als maximal 3 Einstätze pro Woche absolvieren und keiner dieser Einsätze darf länger als 45 Minuten dauern. Laut der Tierschutzvereinigung der Schweizer Tierärzte sollte der direkte Einsatz eines Hundes sogar nur maximal 30 Min am Stück betragen. Was für viele nicht so anstrengend aussieht ist für den Hund dennoch richtige Arbeit. Deshalb ist es auch wichtig dem Hund eine artgerechte Auslastung zu ermöglichen. Das heisst der Hund muss die Möglichkeit haben Sozialkontakte zu pflegen, seinen hundlichen Bedürfnissen nachzugehen. Eine stabile Beziehungsqualität zur HalterIn ist essentiell, denn eine stabile und sichere Bindung zu dieser ist die beste Stressprprophylaxe.

 

Wo liegen die Vorteile der tiergestützten Therapie verglichen zu anderen konventionellen Therapieformen?
Ich sehe den Vorteil in dem ganzheitlichen Ansatz. Tiere und Natur wirken auf vielen Ebenen. Zum einen über Wahrnehmung.  Viele basale Sinne werden einfach durch die Anwesenheit eines Tieres aktiviert. Über Geruch, Tasten, Spüren, Beobachten. Tiere stellen als Mittler zwischen KlientIn und TherapeutIn/Fachkraft eine enorme Ressource dar. Sie erreichen Menschen auf der Tiefenschicht ihrer Persönlichkeit, öffnen Türen und regen zu Austausch und Kommunikation an. Das tiergestützte Setting, also auch die Umgebung, sind ebenfalls ein nicht zu unterschätzender Faktor. Material das spannend ist, Spiele die Lust aufs Lernen machen bzw. Lernen ganz spielerisch geschehen lassen und vor allem auch die umgebende Natur geben oft zusätzliche therapeutische Impulse.

 

Was gefällt Ihnen persönlich am besten in der täglichen Arbeit mit Therapiehunden?
Für mich persönlich ist es immer wieder spannend zu beobachten wie Hunde, aber auch andere Tiere, mit ihren Haltern zusammenarbeiten, Hinweise geben auf Befindlichkeiten ihrer Klienten und eine aktive Rolle im therapeutischen Setting übernehmen.

 

Infos
Lehrgangsleiterin Andrea Wiesner, dipl. Gesundheits- und Krankenschwester, ist akademisch geprüfte Fachkraft für tiergestützte Therapie- und Fördermaßnahmen, Montessori Pädagogin und  Reitpädagogische Betreuung.
Der Diplom-Lehrgang wird von der Prüf- und Koordinierungsstelle am Messerli Forschungsinstitut als Fortbildung für tierschutzqualifizierte HundetrainerInnen, für staatlich geprüfte TherapiehundeführerInnen und für AssistenzhundeführerInnen anerkannt.